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00:26
Das Mittelalter.
Es gilt als dunkel,
rückständig und grausam.
War es wirklich so?
Ich will Licht ins Dunkel
der Geschichte bringen.
Woher haben Könige ihre Macht?
Warum macht Stadtluft frei?
Wie beweglich ist ein Ritter
in seiner Rüstung?
Und welche Rolle spielen die Frauen
im Mittelalter?
Bis heute übt die Welt
des Mittelalters
eine große Faszination aus.
Man stellt sie sich
bunt und grell vor,
voller fantastischer Abenteuer.
Vor allem die Welt der Ritter.
Kann mir auch vorstellen, warum.
Als Kind hab ich
in alten Burgen gespielt.
Auch in Computer-Spielen kann man
als Ritter unterwegs sein.
Als Krieger, der für seinen König
in die Schlacht zieht.
Der Ritter ist der Inbegriff
des mittelalterlichen Helden.
Allzeit bereit, sein Leben
für höhere Ziele zu riskieren.
Aber war das Ritterleben
wirklich so Testosteron-gesteuert?
Das Wort Ritter kommt von reiten.
Pferdemänner werden sie deshalb
überall in Europa genannt.
01:56
Caballero, Chevalier, Caballiere
oder Horse-Man.
Reitende Krieger mit Helm,
Kettenhemd, Lanze und Schwert.
Für Jahrhunderte bestimmt der Kampf
Mann gegen Mann das Kriegsgeschehen.
Doch zum Ritter wird der Krieger erst
durch ein besonderes Ritual.
Im Namen des Herrschers bekommt er
ein Schwert überreicht.
Aus dem Nackenschlag wird später
der berühmte Ritterschlag.
Die Ritter sind der Kriegerstand
innerhalb der Gesellschaft.
Die ist im Mittelalter
streng hierarchisch geordnet.
Alles beruht auf dem
sogenannten"Lehenswesen".
Lehen kommt von leihen.
Denn der Lehnsherr
verleiht sein Land.
Der Lehnsmann verspricht dafür
Gefolgschaft.
Oberster Lehnsherr ist der König.
An zweiter Stelle stehen die Herzöge,
Grafen und Bischöfe.
Darunter folgt der niedere Adel.
Edelfreie und Äbte.
Am unteren Rand der Gesellschaft
stehen die Bauern.
Und die Ritter? Auch sie haben
einen Platz in der Lehns-Pyramide.
Als Teil des niederen Adels.
03:31
* Fanfaren *
Inbegriff des Ritterlebens
ist das Turnier.
Hier suchen die Ritter
den ultimativen Kick,
um ihren Mut und ihre Kühnheit
zu beweisen.
Mit angelegter Lanze
und in vollem Galopp
soll der Gegner
vom Pferd gestoßen werden.
Die Schaukämpfe sind ein Highlight
im mittelalterlichen Festkalender.
Jeder Teilnehmer wird
in einem Turnierbuch verzeichnet.
Sein Wappen ist die Visitenkarte
des Ritters.
Es macht ihn unverwechselbar,
auch bei geschlossenem Visier.
Das farbenfrohe Spektakel
soll jedoch keine schweren Blessuren
nach sich ziehen.
Die Lanzen sind
an der Spitze entschärft.
Eine Barriere verhindert, dass
die Pferde aufeinanderprallen.
Aus zeitgenössischen Turnier-
Darstellungen können Historiker
und Waffenkundler heute
jede Menge ableiten.
Den Pferden wurden Eisenringe
vor die Augen gebunden.
Damit sie nicht scheuen,
wenn sie aufeinander zurasen.
Wilde Dekorationen, Puppen
oder ausgestopfte Tiere
schmückten die Helme.
04:52
An der Brust befestigte Haken
sollten die Lanzen
sicher ins Ziel führen.
Zielte man zu hoch, löste sich
die Lanze aus der Halterung
und flog in hohem Bogen davon.
Ein echter Hingucker
reparierte Schilde.
Traf man die richtige Stelle,
zersprangen sie.
Dank eines
ausgetüftelten Federmechanismus
in alle Einzelteile.
Auch heute haben wir noch viele
Redewendungen im Sprachgebrauch,
die an Turniere erinnern.
Z.B. wenn wir jemandem
mit offenem Visier begegnen.
Mit offenem Visier kämpfen oder
für jemanden die Lanze brechen.
Aus bis zu 150 Einzelteilen
bestehen solche Rüstungen.
Die die Ritter vor Lanzen,
vor Schwerthieben
oder vor Pfeilen schützen sollte.
Man war von Kopf bis Fuß
in Metallteile gehüllt.
Das machte den Ritter
zum Helden in Eisen.
Oder zum Ritter Rost, wie es
schon im Mittelalter hieß.
Das Zeughaus in Graz beherbergt
die größte historische Waffenkammer
der Welt.
Alle diese Rüstungen
wurden einmal maßgefertigt.
Sonderausstattung inklusive.
06:07
Hier haben wir es.
Können Sie mir erklären,
für was das damals war?
Das ist "Schamkapsel",
war im 16. Jahrhundert in Mode.
Zum einen durchaus
als Schutz gedacht.
Zum anderen ging's wohl auch darum,
die Männlichkeit des Trägers
zu unterstreichen.
So ein bisschen wie Sportwagen
heute, könnte man sagen.
Die sehen ja sehr schick,
sehr prunkvoll aus.
Hat man so was im Kampf getragen?
- Eher nein.
Es sind repräsentative Harnische.
Die hat man getragen
zu besonderen Anlässen,
Umzügen, Feierlichkeiten,
um zu zeigen, was man hat.
Wie kam man da rein?
Allein ging das nicht.
Es gab Knappen,
die dabei unterstützt haben.
Allein das Gewicht des Harnischs
hätte es schwer möglich gemacht.
Ich will herausbekommen,
wie es sich anfühlte,
als Ritter in einer Rüstung
zu stecken.
Dazu werde ich von Kopf bis Fuß
in Blech verpackt.
30 Minuten stillhalten.
Dann ist es endlich geschafft.
Wenn ich jetzt behaupten würde, es
wäre bequem, dann würde ich lügen.
Aber vielleicht ist man damit
ja beweglich.
07:23
Okay, Kniebeuge klappt
auch nicht so gut.
Keine Ahnung, wie die es darin
ausgehalten haben.
Das fühlt sich an, als würden
einem 30 Kilo auf dem Kopf sitzen.
Wie die Ritter das geschafft haben
ist mir ein Rätsel.
Aber war ein Ritter in voller Montur
wirklich so unbeweglich?
Oder kann er es mit einem
modernen Soldaten aufnehmen?
Die Teststrecke: ein 450 Meter langer
Hindernisparcours.
Ritter gegen Soldat:
Wer schafft es als Erster ins Ziel?
Mittelalter gegen Moderne.
Gut 30 Kilogramm trägt jeder der
durchtrainierten Läufer am Körper.
Schon auf halber Strecke zeigt sich:
Die auf Maß gefertigte Rüstung
ermöglicht
einen nahezu vollen Bewegungsumfang.
Mit seiner kugelsicheren Weste
und dem schweren Gefechtsrucksack
kann der Soldat nicht schritthalten.
Der Vorsprung des Helden in Eisen
wächst.
Das Experiment zeigt:
Der scheinbar schwerfällige
Ganzkörperschutz
ist besser als sein Ruf.
Sie sind das Wahrzeichen
des Mittelalters:
Burgen. Allein
im deutschsprachigen Raum
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soll es weit mehr als 30.000
gegeben haben.
Die meisten wurden
im Kreuzungsbereich
wichtiger Handelsrouten errichtet.
Allen gemeinsam: Sie sollen
möglichst uneinnehmbar sein.
Die Zugbrücke über einen Graben
hält unerwünschte Besucher fern.
Meterdicke Mauern und Türme
schützen den Palast,
das Wohnhaus des Ritters
und die Wirtschaftsgebäude.
Wahrzeichen jeder Burg
ist der imposante Bergfried.
Ich dachte lange, dass er auch
als Gefängnis
und letzte Zuflucht
vor Eindringlingen diente.
Heute ist man aber sicher:
Der Bergfried ist ein Machtsymbol.
Durch seine Größe und Stärke
zeigt er unmissverständlich,
wer in dieser Gegend das Sagen hat.
Als Ritter auf der eigenen Burg
zu leben ist kein Zuckerschlecken.
Viele Burgherren
müssen selbst mit anpacken,
um über die Runden zu kommen.
Oft stehen sie buchstäblich
mit beiden Beinen im Mist.
Denn jede Burg ist vor allem
ein Wirtschaftsbetrieb
zur Selbstversorgung.
Und der Herr Ritter
ist der Betriebsleiter.
10:32
Toiletten sind in Burgen
an die Außenmauer angebaut.
Eine kleine Burg
hat zwei oder drei Toiletten.
Bei großen landesherrlichen Burgen
sind es auch schon mal 20 oder 30.
Eine Tür trennt sie
von den großen Burgräumen.
Doch die bleibt im Hochmittelalter
oft noch offen.
So dass der Herr des Hauses
weiter am Gespräch teilnehmen kann,
während er sein Geschäft verrichtet.
Privatsphäre Fehlanzeige.
Heute sind die
mittelalterlichen Kloaken
ein wissenschaftliches
Forschungsobjekt.
Die Auswertung der Funde
ermöglicht Rückschlüsse
auf das Leben im Mittelalter.
Vor allem auf die
Ernährungsgewohnheiten damals.
Getreide ist das gesamte Mittelalter
hindurch das Grundnahrungsmittel.
Es macht 70 % der Nahrung aus und
wird vor allem zu Brot verarbeitet.
Bier hat einen niedrigeren
Alkoholgehalt als heute.
Und wird gerne anstelle des häufig
verunreinigten Wassers getrunken.
Gemüse kommt selten auf den Tisch.
Schon gar nicht Tomaten, Paprika
Mais oder Kartoffeln.
11:44
Die finden erst
mit der Entdeckung Amerikas
ihren Weg nach Europa.
Und Fleisch ist teuer.
Eine Bauernfamilie im Hochmittelalter
muss mit 20 Kilo im Jahr auskommen.
Heute verspeisen wir durchschnittlich
das Dreifache.
Auch der Adel kann im Mittelalter
beim Essen richtig zulangen.
Sogenannte Schaugerichte
sind beliebt.
Nicht der Geschmack, sondern
die Optik ist dabei wichtig.
Gefüllter Schwan
oder gebratene Wachteln,
die auf einem Spanferkel reiten.
Tabus gibt es keine.
Warum heißt das Mittelalter
eigentlich Mittelalter?
Es heißt so, weil es zwischen einer
alten und einer neuen Zeit liegt:
Zwischen der Antike und der Neuzeit.
Festgelegt hat man das eher
willkürlich im 17. Jahrhundert.
So richtig gelungen
fanden das auch nicht alle.
Heute gilt als Faustregel:
Das Mittelalter dauerte
von 500 bis 1500 n. Chr.
1000 Jahre also,
in denen viel passiert ist.
Für uns moderne, aufgeklärte
Menschen fast unvorstellbar.
13:05
Der christliche Glaube bestimmte
im Mittelalter buchstäblich alles.
Himmel und Hölle waren
für die Menschen so real,
wie die Welt, die sie umgab.
Und die Hölle war ein Ort,
der Ängste auslöste,
wie wir sie heute kaum noch
nachempfinden können.
Höllenängste eben, eine
Strafvollzugsanstalt im Jenseits.
Wer hier landete,
war gefangen für immer.
Keine Christenseele,
die hier enden wollte.
Nicht in die Hölle,
in den Himmel wollte man kommen.
Hoffnung auf das Paradies
war der Lichtblick
in einem oft sehr mühseligen Leben.
Was nach dem Tod kommen würde,
darum drehte sich im Mittelalter
fast alles.
Aber was macht so eine Weltsicht
mit den Menschen?
Deutschland vor 1000 Jahren
ist eine andere Welt.
Nur sieben Millionen Menschen
leben auf dem Gebiet
der heutigen Bundesrepublik.
Die meisten in kleinen Dörfern
als Bauern.
Dazwischen schier endlose Wälder.
Doch die Geschichte des Mittelalters
reicht noch weiter zurück.
Bis ins 5. Jahrhundert n. Chr.
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Das Mittelalter beginnt, als
die Antike mit dem Untergang
des Römischen Reiches im Westen
zu Ende geht.
Jetzt schlägt die Stunde
der germanischen Stämme.
Allen voran der am Rhein
siedelnden Franken.
Sie übernehmen nicht nur politische
Macht, sondern auch große Teile
der von den Römern geschaffenen
Infrastruktur.
Auch der christliche Glaube
wird übernommen.
Die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig
gilt als entscheidender Wendepunkt.
Der Legende nach
hat Gott ihm zuvor geholfen,
eine wichtige Schlacht zu gewinnen.
Das gemeinsame Bekenntnis
zum Christentum wird zur Klammer.
Zwischen den fränkischen Eroberern
und ihren römisch-katholischen
Untertanen.
Rund 300 Jahre später
wird Karl König der Franken.
Später nennt man ihn den Großen.
Als Kriegsherr erringt Karl
so viele Siege in Schlachten
wie kein anderer in seiner Zeit.
Es gelingt ihm, die meisten
germanischen Stämme
in oft blutigen Kriegen unter
seiner Herrschaft zu vereinen.
Doch er verfolgt noch größere Pläne.
15:48
Karl will das Erbe der
römischen Imperatoren antreten.
Ihr Glanz und ihr Ansehen sollen auf
die fränkischen Herrscher übergehen.
Die Krönung Karls des Großen
an Weihnachten des Jahres 800
begründet das
mittelalterliche Kaisertum.
Und Aachen, seine Wahlheimat,
lässt er prächtig ausbauen.
Im Mittelalter
sind die Menschen überzeugt,
dass Gott persönlich
darüber entscheidet,
wer zum Herrscher bestimmt ist.
In der Pfalzkapelle, die Karl
der Große in Aachen bauen ließ,
ist dieser Anspruch
bis heute gut zu erkennen.
Hier wird das
ganz besonders deutlich.
Das ist der Thron Karl des Großen.
Etwas enttäuschend,
ein paar mit Klammern
zusammengehaltene Steinplatten.
Aber das ist typisch Mittelalter.
Alles ist hochreligiös aufgeladen.
Diese Stein- und Marmorplatten
stammen aus der Grabeskirche
in Jerusalem.
Von dem Ort also, an dem Jesus
gekreuzigt und begraben wurde.
Wer auf diesem Thron sitzen durfte,
der musste einen direkten Draht
zu Gott haben.
17:04
Auf jeden Fall eine enge Verbindung
zu ihm. Und genau das zählte.
Mehr als 30 Herrscher haben sich
nach Karl auf diesen Thron gesetzt.
Aber die wurden nicht
"von Gott persönlich" ausgewählt.
Dazu brauchte es Menschen.
Für das Mittelalter
kein Widerspruch.
Denn am Ende
war doch alles Gottes Wille.
Als König geboren zu sein
kennt man im mittelalterlichen
Deutschland nicht.
Der Herrscher
wird von den Fürsten gewählt.
Anfangs noch von vielen.
Später sind es nur noch sieben.
Die berühmten sieben Kurfürsten.
Wichtigstes Symbol der Macht
ist die Reichskrone.
Sie ist mit Darstellungen verziert,
die sich auf die Bibel beziehen.
Und ausdrücken,
dass der Träger der Krone
von Gott persönlich eingesetzt ist.
Eine Krönung ohne
die "Reichskleinodien",
zu denen neben der Krone auch ein
Schwert, ein Kreuz, eine Lanze
ein Zepter und ein Apfel gehören,
gilt im Mittelalter als wertlos.
Da kommt der Kaiser!
Im Volk werden dem Herrscher
von Gottes Gnaden
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auch besondere Kräfte zugesprochen.
Bereits den Saum
des königlichen Mantels zu küssen
soll Glück bringen.
In England und Frankreich
bürgert sich sogar der Glaube ein,
der König könne durch Handauflegen
Krankheiten heilen.
In der Realität ist
von dieser guten königlichen Magie
nur wenig zu spüren.
Weil es keine Hauptstadt gibt,
sind die deutschen Herrscher
des Mittelalters ständig unterwegs.
Rund 30 Kilometer am Tag
auf einer endlosen Reise
zu Königsgütern und Klöstern.
Die liegen
über das gesamte Reich verteilt.
Das Mittelalter war
ein Zeitalter der Männer.
Päpste, Könige, Ritter.
Sie haben Kriege angezettelt,
geführt, verloren, gewonnen.
Aber was war eigentlich
mit den Frauen?
Frau Dr. Hänel, wenn man ans
Mittelalter denkt, an Frauen,
dann denkt man oft an
schmachtende Minnesänger,
an edle Burgfräulein.
Aber ist das die Realität?
Das ist genau das Klischee,
das wir vom mittelalterlichen Leben
im Kopf haben.
19:40
Die Ritter haben die Prinzessinnen
und Hoffräulein angeschmachtet.
Das ist ein Klischee,
ein literarisches Klischee.
Das war in der Realität
für die meisten Frauen nicht so,
dass sie sich als höherstehend
und angebetet fühlten.
Wie war es wirklich? Mit welchen
Härten hatten Frauen zu kämpfen?
Frauen lebten ein sehr hartes Leben.
Männer besaßen Macht.
Auch Macht über Frauen.
Als Tochter wurde man
gerade im adligen Bereich
von den Eltern,
vom Vater verheiratet.
Die Idee der Liebesheirat
hat nicht existiert.
Obwohl dieses Gefühl
vermutlich da war.
Wenn sie geheiratet hat, bestimmte
der Ehemann über den Rest.
Sie gab ja den größten Teil ihres
Erbes auch in den Besitz des Mannes.
Wie so eine Art von Ware,
die ausgetauscht wurde.
Auch der Körper der Frau
gehörte dem Mann.
Und die Reproduktion
stand im Mittelpunkt.
Von daher musste die Frau dem Mann
auch dienen und Untertan sein.
Eine Alternative für Frauen gab es.
Einen Ort, an dem sie
nicht heiraten müssen
20:47
und vor männlicher Willkür
besser geschützt sind:
Das Kloster.
Zunächst steht dieser Weg
nur adligen Frauen offen.
Später auch Töchtern
aus bürgerlichen Familien.
Das klösterliche Gelübde
öffnet auch den Zugang
zu Wissenschaft und Bildung.
Und damit zu Karrieren,
die sonst undenkbar gewesen sind.
Als Äbtissinnen
können Frauen Macht erlangen,
die bisweilen der eines
weltlichen Herrn nahekommt.
Zehntausende deutsche
Männer und Frauen
verbringen ihr Leben in Klöstern.
Die gemeinsamen Gebete
strukturieren ihren Tag.
Alle zwei, drei Stunden
Gottesdienste.
Sieben zwischen Morgengrauen
und Dämmerung.
Pflicht für alle im Takt der Uhr.
Das Mittelalter kennt keine
Uhrzeiten. Man braucht sie nicht.
Anders im Kloster.
Aus der frommen Notwendigkeit,
die festgesetzten Gebetszeiten
immer pünktlich einzuhalten, werden
alle Klöster mit Uhren ausgestattet.
Um das Jahr 1300 kommen die
ersten mechanischen Turmuhren auf.
22:11
Technische Meisterwerke.
So wissen die Nonnen und Mönche
und bald auch jedermann,
was die Stunde geschlagen hat.
Außerhalb der Gebetszeiten
arbeiten die Mönche.
Z.B. als Kopisten von Büchern.
Das antike Wissen
der Griechen und Römer
wird so in die neue Zeit
herübergeholt.
Den gelehrten geistlichen
Abschreibern sei dank.
Zu den traditionellen Tätigkeiten
der Nonnen gehört es,
Kranke oder Schwangere
aus der Umgebung zu versorgen.
Einige Forscher vermuten jedoch,
dass mittelalterliche Nonnen
auch in Bereichen wirkten,
die sonst als Männerdomäne galten.
Doch bislang fehlte es an Beweisen.
Am Max Planck-Institut
für Menschheitsgeschichte
wurde jetzt eine
überraschende Entdeckung gemacht.
Herr Krause, was haben Sie da genau
herausgefunden?
Wir wollten Paradentose
im Mittelalter untersuchen.
Und haben dafür Zähne untersucht
und den Zahnstein,
der an alten Zähnen
noch mit dranhängt.
Durch Zufall haben wir im Zahnstein
einer Frau aus dem Mittelalter
23:29
hunderte von kleinen Farbpigmenten
gefunden, und zwar blaue Farbe.
Was war das Besondere daran?
Der Zahnstein ist
wie eine Art Zeitkapsel.
Da bleiben Fremdstoffe drin hängen.
Aber auch die Bakterien, die einst
in der Person gelebt haben.
Diese blauen Farbpigmente,
die wir in den Zahnsteinen fanden,
die stammen von Lapislazuli.
Lapislazuli war ein sehr
seltener Stoff im Mittelalter.
Der wurde zu dieser Zeit
nur in Afghanistan produziert.
Es ist eine Überraschung,
dieses seltene Pigment
im Zahnstein einer Frau zu finden.
Wie sind die Farbpigmente
in den Zahn gelangt?
Das Küssen von Heiligenbildern
wäre eine Möglichkeit.
Wird jedoch erst
im späten Mittelalter Brauch.
In der islamischen Welt
wurde Lapislazuli
auch als Arznei eingenommen.
Aber bei uns in Europa?
Oder es ist bei der Herstellung
der leuchtend-blauen Farbe passiert.
Die wurde in der Regel
aber fertig importiert
und nicht selber hergestellt.
Auch beim Verzieren von Büchern
könnte das kostbare Blau
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in den Mund gelangt sein.
Aber Frauen in der Buchkunst?
Darüber schweigen die Quellen
bislang.
Vieles deutet daraufhin, dass diese
Frau eine Art Künstlerin war.
Dass sie wahrscheinlich
Manuskripte illustriert hat.
Und wahrscheinlich den Pinsel
verwendet hat.
Dann hat man häufig
den Pinsel angeleckt.
Wir wussten aus historischen Texten
bisher gar nicht,
dass Frauen zu dieser Zeit auch
diese Dokumente illustriert haben.
So hatten Frauen einen höheren
Status, als wir vermutet hatten.
Das gilt auch für die Frauen
in den Städten,
wo wohlhabende Handwerker- und
Kaufmannsfamilien den Ton angeben.
In Ulm bauen die Bürger auf eigene
Rechnung eine gewaltige Kirche.
Als Glaubensbekenntnis, aber auch
als Symbol der Unabhängigkeit
ihrer emporstrebenden Stadt.
Frau Ginger gehört
zu den gutbetuchten Familien,
die den Bau finanzieren.
Zum Dank wird sie auf dem
großen Altarbild verewigt.
Als Mutter Gottes
mit Jesus und Josef.
25:46
Mitten im Ulmer Münster.
Mit den wachsenden Städten
erhält das Hochmittelalter
sein unverkennbares Gesicht.
Mit Häusern in verwinkelten Gässchen,
wie sie heute noch
in mittelalterlichen Stadtkernen
zu sehen sind.
Das wichtigste Zentrum
ist der Marktplatz,
auf dem das ganze Jahr über Waren
gekauft und verkauft werden können.
Die Stadtmauer wird zum Symbol,
das zwei Welten trennt.
Draußen herrscht meist
Unfreiheit und Fronarbeit.
Drinnen locken Bürgerrechte
und Selbstbestimmung.
Aber seit wann gibt es überhaupt
so viele Städte?
Anfang des 12. Jahrhunderts
existieren im ganzen Reich
nur rund 50 Städte.
Man nennt sie auch Mutterstädte.
An Rhein und Donau sind es vor allem
Gründungen aus römischer Zeit.
Dazu kommen
eher kleine Marktsiedlungen.
Und eine Handvoll Bischofssitze.
Doch als hätte jemand
den Schalter umgelegt,
sprießen plötzlich
überall Städte aus dem Boden.
Annähernd 3000
sind es im 14. Jahrhundert.
26:57
Eine urbane Revolution.
Die Stadt wird
das Erfolgsmodell schlechthin.
Deshalb platzen viele Städte
auch bald aus allen Nähten.
Ein Stadtrat, der sich aus Vertretern
der reichen Familien zusammensetzt,
gibt die Regeln vor für das
Zusammenleben auf engstem Raum.
Händler und Handwerker
können hier ihre Ware
vor einem großen Publikum anbieten
und verkaufen.
Und Stadtluft macht frei.
Bauern aus umliegenden Dörfern
bietet die Stadt
die einzigartige Chance, auf ein
neues selbstbestimmtes Leben.
Doch es gilt auch,
zahlreiche Vorschriften zu beachten.
So etwas wie Gewerbefreiheit
gab es im Mittelalter gar nicht.
Wer Handwerker war,
musste einer Zunft angehören.
Die Zünfte kontrollierten
die Qualität der Waren,
legten Löhne und Preise fest.
Und sorgten dafür, dass nicht
ein Handwerker dem anderen
ins Handwerk pfuscht.
Ungefähr die Hälfte der Einwohner
einer Stadt
waren damals Handwerker.
Die Zünfte waren ganz schön mächtig.
Alles wurde im Kollektiv angeschafft.
28:09
Gebacken wurde in stadteigenen Öfen,
in denen die Bäcker
sich abwechseln mussten.
Am Freiburger Münster
kann man gut erkennen,
wie groß damals ein Brot
und ein Brötchen sein durften.
Man hält das hierhin,
dann hat man exakt die Größe.
Die damals gültigen Maße
sind heute noch hier zu erkennen.
Wer Zweifel hatte,
konnte direkt den Test machen.
Oder hier eine Elle,
die Länge eines Unterarms.
Da kann man genau nachmessen,
wie lang die damals in Freiburg war.
Das waren exakt 54 Zentimeter.
Konnte jeder prüfen.
Mittelalterlicher Verbraucherschutz
sozusagen.
Auch wer sich wie zu kleiden hat
ist im Mittelalter vorgeschrieben.
Oberste Regel:
Anständig soll jeder aussehen.
Also dem eigenen Stand angemessen.
Vorgeschrieben wird vor allem,
was nicht getragen werden darf.
Spitze Schnabelschuhe.
Die sind dem Adel vorbehalten.
Bei Frauen ist alles offenherzige
und figurbetonte verpönt.
Juden werden in fast ganz Europa
verpflichtet,
einen gelben spitzen Hut zu tragen.
Eine unverhohlene Stigmatisierung,
29:28
Der Bauer trägt indes tagein tagaus
dasselbe Gewand:
Kittel, Hose und Schuhe,
die immer wieder geflickt werden.
Das Leben
in der mittelterlichen Stadt
bringt viele Herausforderungen
mit sich.
Auch neue Gefahren, wie den
zum Himmel stinkenden Dreck
in den Straßen.
Nicht nur alltägliche Belästigung
für Fußgänger.
Mangelnde Hygiene
ist Krankheitsursache Nummer eins
im Mittelalter.
Fäkalien, Abwasser und Müll sind
Brutstätten für Erreger aller Art.
Woran Menschen damals gelitten haben,
will man im dänischen Odense
herausfinden.
Hier lagern rund 17.000 Skelette
aus dem Mittelalter.
Wissenschaftler untersuchen
die Knochen und Schädel
auf Spuren von Krankheiten
und medizinischen Eingriffen.
Wundheiler, Bader, Quacksalber
zählen zu den Handwerkern.
Denn sie absolvieren
kein Medizinstudium.
Ihre Kenntnisse haben sie
sich in der Praxis angeeignet.
Vor allem auf den Schlachtfeldern.
Heute noch lässt sich erkennen,
30:43
mit welchen Techniken sie
ihre Patienten damals behandelten.
Die Praktiker trauen sich sogar
an Schädel-OP's.
Mit - aus heutiger Sicht -
erstaunlichen Erfolgen.
Lose Knochensplitter
werden mit einer Pinzette
aus dem offenen Schädel entfernt.
Und das Loch mit einem
entzündungshemmenden Silberstück
verschlossen.
Ein komplizierter
medizinischer Eingriff,
den viele Patienten nachweislich
gut überstanden.
Auch Architekten und Bauhandwerker
trauen sich im Mittelalter
immer mehr zu.
Europas Städte
werden zu Großbaustellen.
Überall wachsen jetzt
Kathedralen in den Himmel.
Oft dauert es Jahrhunderte,
bis endlich der Schlussstein
gesetzt werden kann.
Die ersten entstehen in Frankreich.
Und mit ihnen der sogenannte "neue
Stil", der europaweit kopiert wird:
Die Gotik.
Statt dicker Mauern
und schmaler Fenster
filigraner Säulen-
und Fassaden-Schmuck.
Wie Wolkenkratzer erheben sie sich
über die engen und dunklen Gassen.
32:01
Mit hohen Kirchtürmen,
die den Himmel berühren wollen.
Ob in Ulm, Köln oder Freiburg:
Die neuen Gotteshäuser
zeigen eindrücklich,
zu welchen Leistungen die Bürger
einer Stadt fähig sind.
Die Städte
konkurrierten miteinander.
Jeder wollte eine noch prunkvollere
Kirche haben als der Nachbar.
Und vor allem eine noch höhere.
116 Meter ist der Hauptturm
des Freiburger Münsters hoch.
Noch bis in die Mitte des 19. Jh.
sind die Türme der Kathedralen
die höchsten Gebäude Europas.
Freiburg hatte im 13. und 14. Jh.
gerade einmal 10.000 Einwohner.
Man kann ganz gut ermessen,
welche Bedeutung die Religion für
die Menschen gespielt haben muss.
Dass sie sich
so eine Kirche hingestellt haben.
Aber das Seelenheil war den Leuten
wohl jede Anstrengung wert.
Auch Seuchen und Krankheiten gelten
im Mittelalter als Gottes Werk.
Besonderen Schrecken
verbreitet die Lepra.
Im Volksmund Aussatz.
Eine Erkrankung, die den Patienten
stark entstellt.
33:15
Wer sich mit Lepra infiziert,
gilt im Mittelalter bereits als tot.
Obwohl er oft noch Jahre,
manchmal Jahrzehnte weiterlebt.
Paläogenetiker der Universität Zürich
sind dem Erbgut des Lepra-Erregers
auf der Spur.
Aus dem Zahn eines
mittelalterlichen Lepra-Kranken
werden Gewebeproben entnommen.
Damit kann der Bauplan
des historischen Lepra-Genoms
rekonstruiert werden.
Um dadurch mehr über die chronische
Infektionskrankheit herauszufinden.
Lepra ist eine sehr alte Krankheit,
kennt man schon aus der Bibel.
Wieso hat sie sich gerade im
Mittelalter so schnell ausgebreitet?
Unsere genetischen Analysen zeigten,
dass der letzte gemeinsame Vorfahre
aller heutigen Lepra-Erreger
vor ungefähr 4000 Jahren bestand.
Alle diese Erreger, die es heute
gibt in Afrika, Asien, Amerika.
Sogar bei manchen Tieren, gehen auf
einen gemeinsamen Vorfahren zurück.
Und die verursachen alle Lepra.
War eine genetische Mutation
des Lepra-Erregers daran schuld,
dass sich die Krankheit im
Mittelalter so stark ausbreitete?
34:36
Die Untersuchungen im Labor
führen zu dem Schluss,
dass das wohl mit anderen Faktoren
zusammenhängt.
Wahrscheinlich mit
der zunehmenden Urbanisierung.
Die Menschen haben in Städten
sehr eng zusammengelebt.
Da konnte sich der Erreger
innerhalb der Menschen ausbreiten.
Es war keine biologische Veränderung
des Erregers.
Sondern eher die Lebensbedingungen
der Menschen, die sich veränderten.
Die dazu führten, dass sich der
Lepra-Erreger stark ausbreitete.
Mitte des 14. Jh. werden die Menschen
von einer noch schlimmeren Krankheit
heimgesucht.
Die Pest bricht aus
und entwickelt sich schnell
zu einer der verheerendsten Epidemien
der Weltgeschichte.
Erst seit 130 Jahren wissen wir,
dass die Infektionskrankheit
durch das Bakterium Yersinia pestis
ausgelöst wird.
Binnen weniger Tage
sterben Menschen wie die Fliegen.
Städte, Dörfer, ganze Landstriche
werden entvölkert.
Jeder Dritte wird Opfer der Pest.
Über 20 Millionen Tote in Europa.
Viele Menschen damals
sind der Überzeugung,
35:53
dass die Seuche
eine Strafe Gottes ist.
Mit Prozessionen
versuchen die Überlebenden,
den Himmel milde zu stimmen.
Und sie finden gleichzeitig
einen Schuldigen am großen Sterben.
Die Juden, die Außenseiter der
mittelalterlichen Gesellschaft.
Sie hätten die Brunnen vergiftet
und so die Pest verbreitet.
Ein tödliches Gerücht, das im 14. Jh.
schlimme Pogrome zur Folge hat.
Die schlimmsten vor dem Holocaust.
Angst ist ein beherrschendes Gefühl
für die Menschen des Mittelalters.
Trost bietet nur die Kirche als
Hüterin himmlischer Gnadenschätze.
Und sie allein weiß den rechten Weg.
Warnt vor Sünde
und ewiger Verdammnis.
Drastische Altarbilder
in den Kirchen zeigen,
was Sünder nach dem Tod
sicher erwartet.
Die Qualen der Hölle.
Kann ich vor dem Weltenrichter
bestehen?
Komme ich in den Himmel, oder straft
mich Gott für meine Sünden?
Und schickt mich zu den Verdammten
ins ewige Feuer der Hölle?
37:09
Für die Menschen im Mittelalter
quälende Fragen.
Und weil man die so fürchtete,
hatten die Menschen von der Hölle
eine konkrete Vorstellung.
Die Hölle stellte man sich
unter anderem als Trichter vor,
der auf den Erdmittelpunkt zuläuft.
Und an dessen Ende
Luzifer persönlich wartet.
Der Höllenfürst
wäre 2000 Ellen groß.
Das sind ungefähr
eineinhalb Kilometer.
Groß ist auch der Katalog der Sünden:
Stolz, Neid, Zorn.
Trägheit, Habgier, Völlerei,
Unkeuschheit.
Wer eine der sieben Todsünden
auf sein Gewissen lädt,
kommt auf jeden Fall in die Hölle.
Die Hölle ist eine Sackgasse
ohne Ausweg.
Bis sich im 11. und 12. Jh.
die Vorstellung herausbildete,
dass zwischen Himmel und dem Reich
des Teufels noch ein Ort liege:
Das Fegefeuer,
eine Art Besserungsanstalt,
in der man für seine Sünden büßen
und in den Himmel kommen konnte.
Die Idee vom Fegefeuer
entwickelt sich
mit dem Aufkommen
der modernen Geldwirtschaft.
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Wie der Kaufmann seine Bilanz,
so begreift man jetzt auch
sein Sündenregister
als eine offene Rechnung,
die es zu begleichen gilt.
Die drohenden Tage im Fegefeuer
können mit guten Taten zu Lebzeiten
abgegolten werden.
Rittern, die das Kreuzfahrergelübde
ablegen,
gewährt die Kirche ein Guthaben
auf dem himmlischen Konto.
Für diese Männer ist sogar das Gebot,
du sollst nicht töten,
außer Kraft gesetzt.
Wer einen Heiden umbringt,
handelt im Auftrag Jesu.
Wer dabei zu Tode kommt,
gelangt direkt ins Paradies.
Auch die Gebeine der Heiligen
versprechen wirksamen Schutz
vor Hölle und Fegefeuer.
In der Kölner Kirche St. Ursula
kann heute noch
eine unglaublich große Sammlung
besichtigt werden.
Die heiligen Knöchelchen werden
in kostbaren Reliquien-Büsten
und in Schädel-Reliquiaren
aufbewahrt.
Klappt man so eine Büste auf, kommt
der echte Schädel zum Vorschein.
Die eigentliche Reliquie.
Das späte Mittelalter
erlebte einen Reliquien-Boom.
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Die wertvollsten, weil hilfreichsten
Überbleibsel waren Objekte,
die angeblich direkt
von Jesus stammten.
Wie die Dornenkrone
von seiner Kreuzigung.
Oder der Atem Jesu
eingekapselt in einem Fläschchen.
Teile seiner Nabelschnur
wurden verehrt.
Und sogar die Vorhaut Christi.
Die hatte man ja
bei seiner Beschneidung entfernt.
Mit der Nachfrage nach Reliquien
stieg auch das Angebot.
Von vielen Heiligen
gibt es gleich mehrere Köpfe.
Der Heilige Stephan scheint
in seinen besten Zeiten
einmal 13 Arme
gehabt zu haben.
Die Menschen im Mittelalter
glaubten fest
an die heilende Kraft
der Reliquien.
Der feste Glaube
an eine göttliche Wahrheit
beflügelt im Mittelalter
auch die Wissenschaft.
Es sind Männer der Kirche,
die die christliche Theologie
mit der antiken Philosophie
zusammenbringen und versöhnen.
Logik und Wahrheit werden dabei
zu entscheidenden Kategorien.
Vor allem kümmert sich die Kirche
um den gelehrten Nachwuchs.
Aus Kloster- und Domschulen gehen
die ersten Universitäten hervor.
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Überhaupt ist das Mittelalter auch
eine Zeit epochaler Erfindungen
und Weiterentwicklungen.
Kräne gibt es schon seit der Antike.
Neu aber
ist der feststehende Hafenkran.
Mit der Weiterentwicklung
der Notensysteme
revolutioniert das Mittelalter
die Musik.
Mit der Erfindung der Ölmalerei
wird auch die bildende Kunst
in neue Sphären katapultiert.
Noch ein Meilenstein: die Brille.
Geschliffene Linsen, die man sich
auf die Nase setzen kann.
Und ohne den "trockenen Kompass"
wäre Europa
wohl kaum ein Kontinent
der Entdecker geworden.
Selbst der moderne Fußball kann als
Erfindung des Mittelalters gelten.
Auf jeden Fall verdanken wir
einem englischen Mönch
den ersten Spielbericht.
Er und seine Brüder
gehen regelmäßig auf Tore-Jagd.
Ganz nach Gewohnheit unseres Landes,
wie er schreibt.
Das Mittelalter ist also alles andere
als ein dunkles, düsteres Zeitalter.
Viel hat sich
in 1000 Jahren entwickelt.
Städte, die wie Pilze
aus dem Boden sprießen.
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Kathedralen, die gen Himmel wachsen.
Es gibt große Fortschritte
in Handwerk und Wissenschaft.
Und das ist erst der Anfang.
Am Ende des Mittelalters
gelang einem Mann
eine der wichtigsten Erfindungen
in der Geschichte der Menschheit.
Der Buchdruck
mit beweglichen Lettern.
Der Mainzer Johannes Gutenberg
und seine Kollegen
lösten damit
eine Medien-Revolution aus,
die sich nur mit der Ausbreitung
des Internets vergleichen lässt.
Bis zum Jahr 1500 kamen europaweit
an die 10 Mio. Bücher und Traktate
auf den Markt. Auch der Horizont
der Menschen erweiterte sich.
1492 landet Kolumbus
in der Neuen Welt.
Und Luthers Reformation
rüttelte an der Vormachtstellung
der katholischen Kirche.
Die Säulen der mittelalterlichen
Welt gerieten ins Wanken.
Die Menschen lenkten ihren Blick
mehr auf das irdische Leben
und stellten Überliefertes infrage.
Es war ein erster Schritt
auf dem Weg in die Moderne.
Untertitel im Auftrag des ZDF,
2020
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